TAGEBUCH DER SOZIALBETREUUNG 3 VON X
Einige Zeit ist vergangen, seitdem letzten Beitrag, aber unsere Arbeit steht nicht still. Wir sind in der letzten Zeit viel bei Fatima und Mohamed. Eigentlich muss er sich auf seine Abschlussprüfung zum Mechatroniker konzentrieren, aber er hat seit einiger Zeit schwere Probleme mit seiner Hand. Unsere Hilfe sieht im Moment so aus, dass wir versuchen so schnell wie möglich einen Termin bei einem Facharzt für ihn zu bekommen und ihn beim Lernen für seine Prüfungen zu unterstützen.
In unseren Gesprächen fällt uns immer wieder auf, dass Mohamed von irgendeinem Mann erzählt, der ihm hilft. An sich ist das kein Problem und wir finden es schön, dass sich neben uns jemand gefunden hat, der sich engagiert. Aber als wir erfahren, dass dieser Mann vorhat aufgrund von Mohameds Krankschreibung eine Änderungsmitteilung beim Jobcenter einzureichen, werden wir stutzig.
Wir stellen fest, dass dieser Mann die Post von Mohamed und Fatima erhält und fragen sie,ob sie ihm eine Vollmacht ausgestellt haben? Sie bejahen dieses. Leider handelt es sich, so wie es bisher aussieht, nicht um irgendeine Vollmacht, sondern um eine Generalvollmacht. Damit kann der Mann von der Antragstellung bis zur Geldauszahlung alles machen.
Wir erklären Fatima und Mohamed, dass es zwar gut ist, wenn ihnen jemand hilft, aber dass sie nie jemanden eine Generalvollmacht ausstellen dürfen.
Fatima und Mohamed sind beide noch sehr jung und sehen zuerst immer das Gute im Menschen. Wir vereinbaren, dass wir uns zusammen mit ihnen und dem Mann treffen und sie uns ein Dublikat der Vollmacht mitbringen.
Wir sprechen noch mit Fatima, die nach dem rassistischen Angriff auf sie, endlich wieder den Mut gefasst und ihren Deutschkurs B1 abgeschlossen hat. Leider kommt sie in dem weiterführenden Kurs nicht mit ihrer Lehrerin zurecht, hat aber in Freiberg keine alternative zu dem Kurs.
Sie erzählt uns, dass sie bereits viele Bewerbungen für den Ausbildungsplatz zur
Friseurin geschrieben und sich damit sogar persönlich vorgestellt hat.
Leider bisher ohne Erfolg. Die Gründe für die Absagen sind einfach unfassbar. Zweimal bekam sie eine Absage weil sie zwei Kinder hat und weit über 10x, weil sie ein Kopftuch trägt. Mehr Diskriminierung haben wir selten erlebt. Einen Menschen eine Ausbildung/Arbeitsstelle zu verwehren, weil jemanden die Kleidung nicht passt.
Wir erstellen mit Fatima und Mohamed einen Plan für die nächsten Tage. Mit Fatima vereinbaren wir, dass wir einen Termin bei den „Arbeitsmarkt-Mentoren“ ausmachen, damit sie fachlich kompetente Begleitung bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle und Hilfe, bei Diskriminierung bekommt.
Für uns ist es einfach erschütternd, welche Steine Menschen in den Weg gelegt werden, die sich hier integrieren und arbeiten wollen.