Das Rechte Netzwerk in Aktion
Erst am Montag den 29.03.21 hat unser Projekt Grundgesetz Ultras einen Aufklärungsartikel zu den Online-Aktivitäten der Neuen Rechten veröffentlicht. Bereits kurze Zeit später gab es ein Paradebeispiel dafür, wie schnell diese Netzwerke agieren können.
Seit längerem treibt die Journalistin Anna Dobler auf Twitter ein unserer Einschätzung nach gefährliches Spiel. Es ist möglich, dass ihr nicht bewusst ist, dass sie andere Menschen damit gefährdet. Offensichtlich ist, dass sie für ihre Aktionen gezielt die Nähe von rechten Netzwerken sucht und nutzt.
Diesem Spiel mit dem Feuer sind in den letzten Wochen mehrere bekannte Accounts zum Opfer gefallen, die ihre Reichweite auf Twitter dazu nutzen, anderen eine Stimme zu geben und Aufklärung zu betreiben. Bei Natascha Strobl gipfelte die Kampagne der rechten Netzwerke in Morddrohungen gegen sie persönlich und ihre Familie. Natascha hat seitdem ihren Account bei Twitter stillgelegt.
Eine Person, an der sich Frau Dobler immer wieder abarbeitet, ist Jasmina Kuhnke alias Quattromilf. Obwohl Jasmina immer wieder sehr persönliche Bedrohungen bis hin zu Morddrohungen für ihre Arbeit gegen den Rassismus in Deutschland erhält, scheut sie keine Auseinandersetzung und geht auch für andere immer wieder in die Solidarität, wenn diese bedroht werden. Unter anderem kommentierte sie einen Tweet von Frau Dobler, der massiv rassistisch war, mit den sehr deutlichen Worten “Halt Die Fresse”. Was dann kam, ist leider ein nur zu sehr vertrauter Mechanismus: In den Reaktionen war schnell eine Täter:innen-Opfer-Umkehr zu sehen. Die Accounts empörten sich mehr über das „Halt die Fresse“ von Jasmina als über das eigentliche Problem, die rassistische Aussage von Frau Dobler. Als Frau Dobler sich darüber hinaus noch mit einem der prominentesten Hetzer-Accounts auf Twitter solidarisierte, entbrannte ein reger Schlagabtausch, der bis heute nicht aufgehört hat, sondern immer wieder von Neuem beginnt.
Trauriger Höhepunkt von gestern: Frau Dobler rief gestern dazu auf, #HaltDieFresseJasmina in die Trends zu bringen. Innerhalb kürzester Zeit haben sich zahlreiche Accounts – darunter viele aus dem so genannten “Sifftwitter”-Bereich – eingefunden und diesen Wunsch erfüllt.
Jasmina besitzt dabei stets die Umsicht, das, was ihr geschieht, nicht auch anderen zu wünschen – eben weil sie weiß, wie es sich anfühlt, wenn aus virtueller Hetze reale Hetze wird. Als wir in der “Hitze der Solidarität” (zugegeben etwas unreflektiert) angefragt haben, #HaltdiefresseDoblerin trenden zu lassen, kam von Jasmina folgende Antwort:
Wir riefen dann stattdessen unsere Follower:innen zur Solidarität auf – mit dem Ergebnis, dass #Quattromob viele Stunden auf Platz 1 der Twitter-Trends landete.
Wenn die Doblerin dazu aufruft, die kritische Stimme von @ebonyplusirony mit Hass und Hetze zu über ziehen. Dann rufen Wir euch zur Solidarität auf lasst #quattromob wieder trenden und zeigt wer hier den Rückhalt der Mehrheit hat! pic.twitter.com/T2T1NCVgJZ
— ZIVD e.V. #Quattromob (@ZIVD_eV) March 29, 2021
Kurze Zeit nach dem Aufruf von uns agierten unter unseren Tweets Accounts, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nie in Aktion getreten waren, und gaben vor, eine Art Bot-Armee von uns zu sein. Von diesen distanzieren wir uns hier in aller Deutlichkeit.
Hier noch eine Kurze Erklärung zu Sifftwitter
Wie in den anderen sozialen Medien auch, ist die Sifftwitter bubble nicht homogen. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass dieser Bereich von Twitter für maximale Provokation steht und sämtliche “ismen” bedient werden. Rassismus, Sexismus, Ableismus, Homophobie, Lookismus – um nur einige Beispiele zu nennen. Um hier tätig zu werden, suchen sich diese Accounts vor allem Menschen aus, die nicht ihrer eigenen Haltung entsprechen. Sie suchen sich im Netz alle möglichen Details zusammen, verwenden alte Fotos, Tweets, Interviews, Clips sowie – und das ist besonders gefährlich – Adressen und andere private Daten („Doxxing“). Gesperrte Accounts sind unter neuem Namen meist schnell wieder da mit ähnlicher Reichweite – ein Zeichen dafür, wie gut diese Bubble vernetzt ist.
Fazit?
Nicht schweigen, sondern bezieht Stellung wenn Euch ähnliches widerfährt oder widerfahren ist. Das muss nicht in der ersten Reihe sein, manchmal reicht auch ein #IchBinHier unter dem bedrohten Account. Und bitte: Macht das nicht nur bei großen Accounts. Quattromilf hat ein super Netzwerk, das ihr auf Zuruf als #Quattromob immer zur Seite stehen wird. Aber Menschen mit wenigen Follower:innen und weniger Sichtbarkeit sind weiterhin bedroht und leiden unter dieser Hetze. Twitter ist großartig, bringt aber auch Verantwortung mit sich. Wir sollten definieren, in welcher Gesellschaft wir leben wollen. Und dazu gehört unserer Meinung nach, dass Schwächere geschützt werden und solidarisch gelebt wird.