Alle schauen weg
Das unsere Gesellschaft schon seit längerem ein Problem mit dem Thema „Zivilcourage“ hat merken wir leider nur allzu oft. Aber der nachfolgende Fall zeigt wieder einmal wie groß die Abgründe sind und das manche Männer noch nicht einmal davor zurückschrecken, einer Frau in aller Öffentlichkeit Gewalt anzudrohen.
Ich bin beim Einkaufen in einer Drogeriekette. Ein Mann steht hinter mir an der Kasse, ich kann seinen Atem trotz MNS, im Nacken spüren. Irgendwann drehe ich mich um und bitte ihn freundlich, den Abstand einzuhalten. Er tritt ein paar Schritte zurück und ich denke: „OK, Thema erledigt.“ Sein Sohn (8 Jahre) kommt hinzu. Der Mann sagt zu ihm: „Aufpassen, Abstand halten.“ Sein Sohn antwortet ihm selbstverständlich: „Ja, mache ich!“
Ich muss innerlich schmunzeln und lege meine Sachen aufs Band. Die Kassiererin fängt an alles einzuscannen. Ich will gerade anfangen einzupacken, da höre ich wie der Mann sagt: „Zu der Alten halten wir besser 3 Meter Abstand, sonst stellt sie sich wieder an.“ Ich will ihm erklären, dass ich es schon vor Corona nicht haben konnte, dass mir jemand so Nahe kommt. Da springt er mit erhobenem Finger und den Worten auf mich zu: „Ich schlage auch Frauen und jetzt halt die Fresse!“ Und irgendwann: „Wir sehen uns gleich draußen!“
Ich will euch nicht mit allen Details langweilen, mir ist Gott sei Dank nichts passiert.
Worum es mir aber geht: Es waren mehrere Kunden sowie Angestellte im Laden. Wenn ihr meint, dass mir irgendjemand geholfen hätte, muss ich euch enttäuschen. Die Filialleitung hat ihn lediglich an eine andere Kasse geschickt!
Zivilcourage ist etwas anderes für mich.
Das Verhalten der Marktleitung, sowie dass der anderen Kunden ist einfach unbegreiflich. Jeder sollte sich bewusst sein, dass Menschen die Gewalt öffentlich androhen, nur sehr selten davor zurückschrecken es auch umzusetzen.
Man fragt sich, was hätten diese Anwesenden gemacht, wenn der Mann tatsächlich handgreiflich geworden wäre?
Hätten sie dann auch weggeschaut?
Wenn es so gewesen wäre, könnte man dieses Verhalten als unterlassene Hilfeleistung ansehen, welche laut §323c StGB ein Straftatbestand ist. Dieser kann, je nach schwere, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden.
Das mindeste was alle Anwesenden hätten machen müssen, wäre sich zu solidarisieren und sich dem vermeintlichen Angreifer geschlossen entgegen zu stellen. Des weiteren wäre es die Pflicht der Marktleitung gewesen, den Mann des Ladens zu verweisen.
Die Menschen die wegschauen sollten sich immer vor Augen führen, wie es ihnen in dieser Situation gehen würde.
Und was wäre eigentlich passiert, wenn der Mann seine Drohung in die Tat umgesetzt hätte?
Würden die Anwesenden sich hinterher nicht fragen, wie sie es hätten verhindern können?
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